SZ Artikel 1
Nach oben ] [ SZ Artikel 1 ] SZ Artikel 2 ] SZ Artikel 3 ] SZ Artikel 4 ] SZ Artikel 5 ] SZ Artikel 6 ] Kritik am Nationalparkchef ] K(r)ampf um Wanderwege ] Teilsieg für Wanderfreunde ] flächenhafte Ruhigstellung ] Imbiss am Zeughaus ] Kriegsbeil begraben ] Kleiner Zschand ] Endlerkuppe unterm Hammer ] Hoffnung für den Beuthenfall ] Otto-Mühle ] SZ Artikel: Zeughaus ] Wandern nach Vorschrift ] Schulzengrund gesperrt ] Felssturz am Wartturm ] Felssturz am Wartturm II ] SZ Artikel Mit 70 auf dem Bloßstock ] SZ Artikel Zeughaus ] SZ Artikel Erinnerungstour Neustädter Bergfreunde ] SZ Artikel Hübscher Blick ins Tal ] SZ Artikel Rucksackdiebe ] SZ Artikel 10 Jahre NP ] SZ Artikel Radebeul ] SZ Artikel Offener Brief ] SZ Artikel Grenzweg ] SZ Artikel Brandaussicht ] SZ Artikel Brandaussicht II ] SZ Artikel Felssturzrisiko Herrnskretschen ] SZ Artikel Aufruhr im lieblichen Tale ] SZ Artikel Felssturzgefahr 2 ] SZ Artikel Felssturzgefahr 3 ] SZ Artikel Winterbergturm Sanierung ] SZ Artikel Kirnitzschtalwirte ] SZ Artikel Entwarnung ] SZ Artikel Schweizerhaus ] SZ Artikel Schöne Aussicht ] SZ Artikel Tiefflug ] SZ Artikel Tiefflug II ] Wanderwegekonzept ] Rotkelchenstiege wird Bergpfad ] Es brennt im Nationalpark ]

npsym.gif (1309 Byte)
Sächsische Zeitung vom 6./7. Juni 1998 Neues Wegekonzept erregt die Gemüter:
Nicht jeder soll künftig überall hin dürfen
.  

Von Gunnar Saft

Rudolf Häntzschel aus Sebnitz war ein zäher Hund. Wenn sich die Leute über ihn das Maul zerrissen, focht das den eigenwilligen Wanderfreund nie an. Auch nicht in den sechziger Jahren, als sich Häntzschel regelmäßig mit einem Packen Alteisen unterm Arm auf den Weg zu seiner ,,Baustelle" in die Sächsische Schweiz aufmachte.
Im Gebiet der Affensteine zimmerte und hämmerte er wochenlang an einem Felsenaufstieg, der jedem Bezwinger einen wunderbaren Blick auf die einzigartige Naturlandschaft bieten sollte. Daß schon damals der Vorwurf einer illegalen Erschließung die Runde machte, verhinderte am Ende nicht, daß die inzwischen als Häntzschelstiege bekannte Attraktion jedes Jahr Tausende Besucher anlockt. Der Erfolg schien dem Eigenbrötler, der 1987 im hohen Alter starb, nachträglich Recht zu geben.

Beliebten Wanderrouten droht das Aus.

Inzwischen ist jedoch ungewiß, wie lange die Häntzschelstiege - und mit ihr auch andere Aufstiege und Wanderpfade in der Sächsischen Schweiz - noch ohne weiteres für jedermann begehbar bleiben. Der Grund ist ein schlichtes Papier, das - noch unveröffentlicht in der Schublade liegend - bereits viele Gemüter erregt: der Entwurf einer neuen Wegekonzeption für den Nationalpark Sächsische Schweiz.
Hinter dem spröden Titel steckt Brisantes. Die Parkverwaltung ist damit zunächst nur ihrer gesetzlichen Pflicht nachgekommen, das umfangreiche Wegesystem in der sächsischen Felsenwelt auf eine Dauernutzung hin zu überprüfen. Das Problem: Routen, die dem Schutzgedanken des Nationalparks widersprechen, droht künftig eine Sperrung für Besucher oder der Rückbau.
Immer mehr Wanderfreunde und Bergsportler erahnen inzwischen das Ausmaß des angelaufenen Projekts. Auf diese Weise könnte schon bald Schluß sein mit dem gewohnten freien Zugang zu vielen geliebten Plätzen. Erste Wegnamen machen die Runde: Obere Affensteinpromenade, Rotkehlchenstiege oder der Goldsteig. Und je mehr Namen gehandelt werden, um so stärker formiert sich Widerstand.
Dr. Jürgen Stein, Chef der Nationalparkverwaltung Sächsische Schweiz, ist sich seit langem bewußt, was ihm und seinen Mitstreitern in den nächsten Wochen ins Haus steht: heftige Diskussionen über den Sinn und Unsinn einzelner Wegsperrungen. Noch ist er optimistisch. Sollten die Auseinandersetzungen sachlich ablaufen glaubt er sich mit Argumenten gewappnet. ,,Schließlich wollen wir die traditionellen Wanderwege grundsätzlich erhalten", erklärt Stein. Praktisch könne sich so jeder Besucher auf der, Gesamtlänge von 426 Kilometern die Hakken wundlaufen. Mehr habe in Deutschland kein anderer Nationalpark aufzuweisen.
Probleme, so räumt Stein ein, gibt es dagegen mit jenen Pfaden und Aufstiegen, die niemals offiziell angelegt worden sind, sondern im Lauf der Jahre durch den starken Besucheransturm entstanden sind. Dieses Wegenetz sei mittlerweile viermal so groß wie die eingetragenen Routen. Hier müsse über Einschränkungen geredet werden.
Seinen derzeit heftigsten Kritikern - den Bergsportlern - bietet er dabei Kompromisse an. Zwar sollen die Zugänge zu den meisten Kletterfelsen künftig nicht mehr allein mit Hinweisschildern ,,Achtung, kein Wanderweg", sondern zusätzlich mit einem Absperrgeländer versehen werden. Vor allem um Touristen davon abzuhalten, diese nicht gesicherten Wege zu benutzen. Bergsteiger könnten jedoch dank eines eingebauten, treppenartigen Übersteigs die Barrieren jederzeit überwinden.
Damit glaubt Stein eine vernünftige Lösung gefunden zu haben. ,,Wir verhindern, daß immer mehr Touristen auf immer mehr Wegen im Nationalpark unterwegs sind. Gleichzeitig wird dafür gesorgt, daß die Kletterfelsen wie bisher genutzt werden können."
Doch auch diese Variante hat Grenzen. Der Behördenchef muß zugeben, daß trotzdem nicht jeder traditionelle Weg erhalten bleiben soll. Einerseits sei der Aufwand zur Erhaltung häufig viel zu hoch. ,,Außerdem können wir kostbare Waldbestände, die zum Teil unter die höchste ökologische Wertigkeit fallen, sonst nicht ausreichend schützen." Ein vielzitiertes Beispiel dafür ist die unscheinbare Krähenbeere, die als sogenanntes ,,Eiszeitrelikt" zu den botanischen Raritäten zählt. Das Vorkommen dieser trittempfindlichen Pflanzen hat sich seit 1990 fast halbiert. Ein Verschwinden der Art sei in den, nächsten Jahren nicht auszuschließen, warnt ,die Nationalparkverwaltung. Absperrungen und Zäune werden nötig sein, um den Besucherstrom vom Betreten der geschützten Plätze abzuhalten.

Druckstopp für neue Landkarte

Noch ist offiziell nicht bekannt, wieviel und welche Wege künftig von den Absperrungen betroffen sein werden. Alles ist noch offen, heißt es dazu bei der Nationalparkverwaltung. Erst im Herbst soll das Konzept endgültig bestätigt werden. Bis dahin seien Änderungen jederzeit möglich.
Kritische Naturfreunde zweifeln an dieser Aussage und verweisen darauf, daß die Nationalparkverwaltung bereits eine neue Wanderkarte für die Sächsische Schweiz erarbeitet hat. Darauf würden aber nur, noch die von der Behörde erwünschten Wege auftauchen.
Jürgen Stein wiegelt ab. ,Wer so etwas glauben will, den könne er nicht daran hindern. Ansonsten handele es sich bei der Landkarte um ein Angebot ausschließlich für Touristen. Alle Wege des Nationalparks darin aufzuführen, sei unnötig. Dennoch konnte auch er nicht verhindern, daß das Dresdner Umweltministerium erst einmal einen Druckstopp für das umstrittene Werk ausgesprochen hat. Ende Juni soll es zu einem Treffen mit Naturschutzverbänden, Bergsport- und Wandervereinen kommen. Danach werde man weitersehen...

.

 

Seitenanfang

  InhaltIndex

Titelseite

e mail