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.Sächsische Zeitung vom 05.11.99

Das Gespenst ,, flächenhafte Ruhigstellung”
Ende November geht Diskussionsrunde in heiße Phase / SBB-Vorsitzender: ,,75 Prozent Kernzone nicht drin” 

Von Andreas Hammer 

Ende dieses Monats gehen die Beratungen um das künftige Wanderwegenetz im Nationalpark Sächsische Schweiz in eine heiße Phase über. Die Arbeitsgruppe, der Vertreter von Tourismusverband, Nationalpark- und Forstverwaltung, Kommunen, Wander- und Bergsportverbänden angehören, berät dann über konkrete Wege. Hart könnte unter anderem über Westeischlüchte und Gehackten Weg im Kleinen Zschand gestritten werden, deren Sperrung der Sächsische Bergsteiger-Bund (SBB) strikt ablehnt. Gleiches signalisierten Wanderer und Bergsteiger für den Grenzweg im Großen Zschand. Über die Notwendigkeit einer vernünftigen und vor allem zukunftsträchtigen Regelung gibt es im sechsköpfigen Gremium keine unterschied­lichen Standpunkte. Am Wie schieden sich die Geister. Die Schreckgespenster heißen ,,flächenhafte Ruhigstellung” und ,,massentouristisch genutzte Waldautobahnen” auf der einen Seite, der Nationalpark argumentiert dagegen gern mit ,,krasser Ubererschließung”. Natur, Erholung, Bildung sind gleichwertige Ziele 
,,Ich bin zunächst einmal froh darüber, dass der Grundlagenteil - zwar mit Höhen und Tiefen - sachlich über die Bühne ging”, weiß SBB-Chef Ulrich Voigt natürlich um die Brisanz der kommenden Verhandlungen. Als besonders wichtiges Ergebnis der zähen Vorrunden sieht der 65-Jährige die Tatsache, dass ,,Natur, Erholung und Bildung als gleichwertige Ziele nebeneinander im Nationalpark existieren”. Das sei schriftlich so fixiert worden. Auch würde außerhalb der Kernzone ein allgemeines Wegegebot bestehen - ohne Tabus. Mit anderen Worten: Dort, wo ein Weg erkennbar ist, darf auch gelaufen werden. Am strittigsten war laut Ulrich Voigt die Frage nach der langfristig vorgesehenen Ausweitung der Kernzone auf 75 Prozent der Nationalparkfläche - derzeit sind es lediglich 23. Damit würde man strengsten europäischen Naturschutzmaßstäben Rechnung tragen. Eine solche Lösung sei jedoch in der Sächsischen Schweiz nicht möglich, ist sich der 1. Vorsitzende des SBB sicher.
Für Zündstoff sorgte Mitte dieses Jahres eine Studie des SBB’ die sich aus biologischer, geographischer und soziologischer Sicht mit diesem Thema auseinandersetzte. Mit rund 20 000 Mark griff der Deutsche Alpenverein den Sachsen dafür unter die Arme. Kaum dass die 200 Seiten starke Doku­mentation fertig war, sorgte sie bereits für Ärger in der Arbeitsgruppe. Über ihren Inhalt wurde umgehend Stillschweigen vereinbart. ,,Auf gar keinen Fall geht es darum, ein Konfrontationspapier zum im Herbst 1998 vorge­legten Wanderwegekonzept der Nationalparkverwaltung zu erstellen”, ver­stand der Bad Schandauer Kartograph und Mit-Autor Rolf Böhm die ganze Aufregung damals nicht. Man wollte vielmehr fachlich fundierte Anregungen in die Diskussion einfließen lassen. Inzwischen haben sich die Wogen jedoch geglättet, kann die Studie in Dresdner Bergsportläden - außer in der ,,Hütte” - käuflich erworben werden. ,,Sperrungen werden nur erfolgreich sein, wenn die Betroffenen sie akzeptieren“, so Hans Hilpmann’ der sächsische Interessen im DAV-Bundesausschuss für Klettern und Naturschutz vertritt. Man könne Kindern - und damit den künftigen Nutzern des Gebirges - Natur nur wirklich nahe bringen, wenn sie diese auch aktiv und intensiv erleben könnten.

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