Naturschutz
Offener Brief an Umwelt-Minister
Kirnitzschtaler fordern Demokratie im Nationalpark
Von Heidi Körner
"Es ist dringend notwendig, hier demokratische Verhältnisse zu
schaffen", schreiben die Bewohner und Gewerbetreibenden des
Kirnitzschtales an Sachsens Umweltminister Steffen Flath (CDU). Im
Nationalpark Sächsische Schweiz herrsche eine Art
Kolonialherrenmentalität, finden sie scharfe Worte. Sie fühlen sich übergangen
bei der Erarbeitung der neuen Nationalparkverordnung oder anderen
Entscheidungen.
Bewohner haben Natur Jahrhunderte bewahrt
"Unser Anliegen ist nach wie vor die Erhaltung der
Kulturlandschaft", sagen die Anwohner. "Aber mit allen Formen
des täglichen Lebens."
Franz Hasse. Die Sorgen der Gastronomen, Wirte und Vermieter reichen
bis zu Existenzängsten, erklärt der Campingplatzbesitzer an der
Ostrauer Mühle. "Wer Hand anlegt und 500 Jahre Arbeit und Kultur
vernichtet, verdient es nicht, Naturschützer genannt zu werden",
heißt es in dem Brief weiter, der jetzt nach Dresden unterwegs ist. Wie
ein Puzzle haben sich bei den Kirnitzschtalern "die keinen Alltagsärgernisse,
Schwierigkeiten mit den Behörden und deren Anordnungen"
zusammengefügt, erklärt Hasse. Es werde da ein Verbot ausgesprochen,
dort ein Vorhaben durchkreuzt. Nicht selten sehen die Menschen, die im
und vom Tal leben, ihren wirtschaftlichen Fortbestand in Gefahr.
"Erst kam die Entdeckung durch die Nationalparkidee, dann die
Kolonialisierung durch ihre Organisation", schreiben die Bewohner.
"Dass die Landschaft durch die hier lebenden Menschen mit Kultur,
Fleiß und Verstand geprägt wurde, ist Vergangenheit." Dabei waren
es doch die Menschen im Tal, die Jahrhunderte lang so sorgsam mit der
Natur und ihrer Umwelt umgegangen sind. Sonst wäre sie doch für die
Naturschützer gar nicht so interessant und erhaltenswert, kommentiert
Franz Hasse.
"Wir beklagen weltweit den Verlust der Demokratie. In
Naturschutzdingen ist diese Frage in Sachsen noch nicht einmal gestellt
worden", so die Bewohner weiter an den Minister. Alle Betroffenen -
Einwohner, Organisationen und Nutzer - müssen mit Sitz und Stimme mit
entscheiden, so die Forderung. Nur so könne dem ständigen
Vertrauensschwund entgegen gewirkt werden. Und das müsse schnellstens
in der Bildung eines Nationalparkbeirates münden. Zu viel Schaden sei
schon angerichtet worden, sagt Franz Hasse. "Die Zurückverwandlung
des Kirnitzschtales in einen Wildbach durch die Entfernung aller Mauern
und Dämme oder das Programm des Verwilderns müssen von normal
denkenden Menschen gestoppt werden", so die Forderung an den
Minister.
Nationalparkbeirat schnellstens bilden
Auch die Forstwirtschaft müsse ihren festen Platz als
Wirtschaftfaktor behalten. Erste Gespräche mit dem Umweltministerium,
so Hasse weiter, würden Mut machen. Doch hier müsse die Politik die
Weichen stellen. Denn es gehe um Grundsatzfragen des künftigen Lebens
mit dem und im Nationalpark. "Und dazu brauchen wir Verbündete.
Betroffen sind ja auch die Wanderer, Bergsteiger und anderen Gäste der
Region. Wir hoffen", sagt Franz Hasse, "dass sich viele andere
Menschen mit den Problemen beschäftigen und uns durch ihre öffentliche
Meinung unterstützen." Viel Zeit bleibe bis zur Verabschiedung der
neuen Nationalparkverordnung nicht.