Gefahr im Steinbruch
Kletterer im Lößnitzgrund nehmen Warnungen der Stadt nicht ernst
Gefahr im Lößnitzgrund-Steinbruch. Obwohl Steinschlag droht und
Verbotsschilder warnen, tummeln sich dort immer wieder Kletterer. Die
Stadtverwaltung ist in Sorge.
Von Hagen Schäfer und Erik Gasch
"Kletterer im Lößnitzgrund von Gesteinsbrocken
erschlagen." Zum Glück war diese Schlagzeile noch nicht nötig.
Aber die Gefahr, dass in dem alten Steinbruch etwas passiert, ist groß.
Der Große Steinbruch im Radebeuler Lößnitzgrund, auch Hoher Stein
genannt, wo zum Karl-May-Fest die Azteken und Totonaken ihre Tänze
zeigen, ist ein gefährlicher Ort für Kletterer. Die Witterung hat an
der oberen Felskante genagt. Sie ist brüchig, Steine bröckeln. Erst
vor einem guten Monat lösten sich dort wieder Gesteinsbrocken und
polterten in die Tiefe. Zu diesem Zeitpunkt waren glücklicherweise
keine Kletterer an dem Ort. Er wird von zahlreichen Kletterfreunden als
Trainingsstätte genutzt. Es sind einerseits junge Radebeuler, die sich
nur mal so versuchen wollen. Andererseits steigen auch organisierte
Bergsteiger in dem Bruch herum. Sie alle lassen sich von den Schildern
am Eingang nicht stören. Die Schilder hat die Stadtverwaltung Radebeul
aufgestellt. "Betreten verboten" und "Klettern
verboten" steht darauf. Der Stadt gehört das Gelände. "Wir müssen
uns absichern", sagt Rainer Siebert vom Ordnungsamt. Die Kletterer
pfeifen auf die Schilder. "Die sind doch schon uralt und überholt",
so eine Meinung. "Falsch", sagt Rainer Siebert. Man habe erst
neue Schilder aufgestellt. Denn die Gefahr in dem Bruch ist sehr
aktuell. Ihm ist schleierhaft, wieso der Sächsische Bergsteigerbund
(SBB) das seinen Leuten nicht ernsthaft mitteilt. Die Kletterer, die
Rainer Siebert im Gelände anspricht, berufen sich auf den Kletterführer.
"So ein Buch kann empfehlen, was es will. Aber das Gelände ist
nach wie vor unser Eigentum. Wer dort erwischt wird, muss mit einer
Klage wegen Hausfriedensbruch rechnen", warnt Rainer Siebert Falk
Heinicke vom SBB ist zuständig für das Gebiet im Lößnitzgrund. Er
sagt: "Ich verstehe nicht, was das Ordnungsamt mit einem
Sicherungsproblem meint. Die Situation mit dem Hausfriedensbruch bestand
mal vor drei oder vier Jahren, jetzt aber nicht mehr." Falk
Heinicke schwärmt von dem Radebeuler Steinbruch. Es gebe dort alte
Routen aus den 60er Jahren mit vielen Sicherungen. "Hier kann jeder
seine ersten Kletterversuche starten. Da kann nichts Ernsthaftes
passieren." Nach Ansicht der Stadt irrt der Mann. Selbst wenn die
Kletterer mit Helmen ausgerüstet sind, können ihnen die Gesteinbrocken
zur ernsten Gefahr werden. "Wir können dem Kletterverband das Gelände
auch nicht so einfach zur Nutzung überlassen", erklärt Rainer
Siebert. "Erst muss die bröcklige Felskante gesichert
werden." Ein Gutachten sagt aus: Das kostet fast 90 000 Mark. Weder
die Stadt noch der Verein haben das Geld dafür. Am gegenwärtigen
Zustand wird sich deshalb kaum etwas ändern, ist sich Rainer Siebert
sicher. Er hofft, dass die Kletterfreunde die Warnungen nicht in den
Wind schlagen. Damit schlechte Schlagzeilen wie die eingangs genannte
ungeschrieben bleiben können.