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Der Neue Sächsische Bergsteiger Nr. 1 99

Wanderwegekonzept Sächsische Schweiz

Die Diskussion um die Zukunft der wanderwege begann im März 1998 mit der beabsichtigten Sperrung des oberen Teiles der Häntzschelstiege. die durch das breite Echo in der Tagespresse abgewendet werden konnte. Wenig später, im Mai, sprach sich unser Verein in der Hauptversammlung für den Erhalt der traditionellen Wanderweg aus.
Im Oktober1998 legte die Nationalparkverwaltung ihr Wegekonzept vor. Der Inhalt. besonders der Grundlagenteil, war überraschend. So wurde die mehrfach wiederholte Basiseinschätzung getroffen, die Sächsische Schweiz weise eine. "Krasse Übererschließung mit Wanderwegen" auf und die intensive Wegeerschließung stelle eine ernsthafte Gefährdung des Schutzzwecks dar und läßt die Anerkennung der internationalen Kategorie IUCN II nicht zu." Da uns der Inhalt dieser Kategorie IUCN II bis dahin nicht bekannt war, ließen wir den Text der englischen Originalfassung übersetzen.
Das Ergebnis löste einige Besorgnis aus. So soll die heute 23 % umfassende Kernzone perspektivisch auf über 75 % Kernzone ausgedehnt werden. Das geschieht zwar nicht von heute auf morgen, aber ein Blick auf die Karte zeigt, daß schon 10% Erweiterung ausreichen, um z.B. Kl. Winterberg, Affensteine oder Schmilkaer Gebiet einzubeziehen. Im Ergebnis einer Kernzonenausdehnung werden weitere Wegesperrungen befürchtet. Mit dem Boofen ist es dann ganz vorbei.
Der Nationalpark ,,Sächsische Schweiz" hätte, so urteilt das Konzept, viel zu hohe Werte an laufen-den Metern Wanderwege pro ha im Vergleich mit anderen Nationalparks wie Berchtesgaden, Wattenmeer oder Müritz. Ein solcher Vergleich ist sicherlich statistisch interessant, aber als Begründung für Sperrungen unwissenschaftlich und unseriös. Er ignoriert den Charakter unserer Mittelgebirgslandschaft mit ihren Felsenstockwerken und den darauf befindlichen, historisch entstandenen Wanderwegen. Das Gebiet hat eine historisch gewachsene Wegeerschließung mit einem seit 100 Jahren nahezu unverändert bestehenden Wegenetz. Die Bergsportverbände widersprachen deshalb der Aussage, die Sächsische Schweiz weise eine ,,Krasse Übererschließung mit Wanderwegen auf". Als weitere Ursache für Wegesperrungen wurde das Rotwild herangezogen, was aber bezweifelt werden
darf, weil sich das Rotwild trotz der Wanderer so gut entwickelt hat, daß es 1998 zu massiven Abschüssen kommen mußte.
Die zur Sperrung vorgesehenen Wege konzentrierten sich im hinteren Nationalparkteil, u. a. sollen gesperrt werden: Langes Horn oberhalb der Häntzschelstiege, Grenzweg, Westelschlüchte, Gehackter Weg, Försterloch, Ziegengrund/Altarstein, Gebiete um den Raumberg und die Starke Stiege im Schmilkaer Gebiet. Der Goldsteig ist als Klettergipfelzugang eingestuft, bei dem laut Konzepttext   ein offensichtliches Interesse auf Mitbenutzung durch
Wanderer besteht". Stark kritisiert haben die Bergsportverbände die Art und Weise der Verwendung und Auswertung von Zahlenmaterial im Konzept. So klingt z.B. die Belastung von 1,9 Mio. Besuchern hoch, jedoch wurden davon ca. ein Viertel
(!) allein auf der Basteibrücke gezählt. Weitere 10 % wurden am Basteiweg, 12 % am Amselsee ermittelt, so daß ca. 53 % der 1,9 Mio. Besucher im Gebiet rund um die Bastei und weitere 7% am Lichtenhainer Wasserfall, gezählt wurden. Somit ist die Belastung der eigentlichen Wandergebiete deutlich geringer, und die auch in der Presse verwendete Zahl von 1,9 Mio. Besuchern praktisch ohne Aussage für die Belastung der Wanderwege. Unwissenschaftlich einseitig wurde auch die Frage der Akzeptanz dargestellt. Es kommt heraus, als ob heute in der Bevölkerung eine Zustimmung für
Sperrungen bestünde. Diese Zustimmung wird abgeleitet von der Frage, daß hohe Prozentzahlen der Befragten einer Beruhigung der Kernzone zustimmen. Wer aber dieser Beruhigung zustimmt, erklärt wohl kaum gleichzeitig sein Einverständ-nis mit der Sperrung von beliebten Wegen und Pfaden in der Kernzone. Zudem scheint diese Umfra-ge aus dem Jahr 1996 für eine Aussage zur Akzeptanz Mitte/Ende 1998 ohne erkennbaren Wert. In einer Konzeption mit solch krassen Aussagen zur Übererschließung bei gleichzeitigen gravierenden inhaltlichen Mängeln, nicht erkennbaren
naturschutzfachlichen Begründungen und einseitiger, unwissenschaftlicher Auswertung sahen die Bergsportverbände keine geeignete Grundlage für weitere Diskussionen. Die   Ablehnung der vorliegenden Konzeption und die Notwendigkeit einer Neufassung wurde im Arbeitskreis ,,Bergsport & Naturschutz" am 26.11.98 dargestellt. Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus je einem Vertreter von Umweltverwaltung, Forstbehörde, Kommunen, Fremdenver-kehr, Naturschutz- und Bergsportverbänden soll das weitere Vorgehen beraten. Uli Voigt wird die Bergsportverbände vertreten. Dank finanzieller Unterstützung des DAV München wollen wir nun ein eigenes fundiertesWanderwegekonzept erstellen. Neben dem Schwerpunkt der Analyse der historischen und aktuellen Wegesituation sollen u.a. Aussagen zu freiwilligen Einschränkungen seit der Nationalparkgründung, zum Wegezustand, zu Erosionsschäden, zur Akzeptanz von Sperrungen sowie zu Naturschutzaspekten getroffen werden. Liebe Bergfreunde, bei dieser anspruchsvollen Aufgabe brauchen wir Eure Unterstützung! Bitte beteiligt Euch an nebenstehender Umfrage zur Zukunft der Wanderwege und sendet Eure Antwort baldmöglichst an die Geschäftsstelle des SBB. Außerdem möchten wir Euch aufrufen, auf Schäden an Wegen und Stiegen zu achten und diese ebenfalls der Geschäftsstelle mitzuteilen. Eine kurze Beschreibung oder eine Skizze helfen weiter, und auch ein Foto erleichtert die Arbeit sehr. Für Eure Unterstützung schon heute vielen Dank.
Peter Rölke

   

 

 

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