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Um die Sächsische Schweiz schwelt ein Konflikt. Sachsens
Bergsportverbände lehnen die Wanderwegekonzeption der Nationalparkverwaltung ab. Peter
Rölke, Umweltschutz-Verantwortlicher im Sächsischen Bergsteigerbund (SBB), begründet
die Position. Wie belastet der Bergsport die Natur?
Wanderer und Bergsteiger nutzen die Natur. Bereits da entsteht ein Konfliktpotential, denn
der Lebensraum von Tieren und Pflanzen wird betreten. Müll bleibt liegen, Hänge leiden
durch das Begehen. Naturschutzarbeit der Bergsportler soll diese Belastungen minimieren.
Außerdem sorgen die strengen sächsischen Kletterregeln für Selbstbeschränkung:
Künstliche Hilfsmittel sind seit jeher verboten, Massive für Kletterer tabu.
Wie groß ist der Kletterfelsen-Anteil in der Sächsischen Schweiz?
Die 1100 Klettergipfel nehmen drei bis fünf Prozent der geschätzten Felsfläche in der
Sächsischen Schweiz ein. Pflanzen und Tieren bleiben große Rückzugsräume.
Warum sind Sachsens Bergsportverbände so strikt gegen das Wanderwegekonzept?
Wir stoßen uns an krassen Formulierungen, haben fachliche Bedenken. Wenn die
Nationalpark-Kernzone in den nächsten Jahren von 23 auf 75 Prozent ausgeweitet würde,
dann stellt dies viel in Frage. Wir haben das Gefühl: Der Mensch soll aus der Natur
herausgeschützt werden. Wir können uns mit diesem Gedanken grundsätzlich nicht
anfreunden. Immerhin vertreten die Berg- und Wandersportverbände Sachsens rund 14 000
Mitglieder.
Verglichen mit Bayerischem Wald oder Jasmund auf Rügen hat Sachsens Schweiz ein dichteres
Wegenetz. Ein zu dichtes?
Wir lehnen pauschale Vergleiche als Begründung für Sperrungen ab. Jeder Nationalpark
besitzt Eigenheiten. Wir möchten mitwirken am Wanderwegekonzept, unsere Vorschläge
einbringen.
Wie sehen die aus?
Wir arbeiten an einer eigenen Konzeption. Die ist im Frühjahr fertig und wird finanziell
vom Deutschen Alpenverein unterstützt. Wir analysieren unter anderen historische und
aktuelle Wegesituation, Wegezustand, Akzeptanz von Sperrungen und Naturschutzaspekte. In
diesem Monat soll das Thema Wanderwege mit Fremdenverkehrsverband, Kommunen, Umwelt- und
Forstbehörden sowie Naturschutzverbänden beraten werden.
Welche Erfahrungen haben Bergsteiger in Sachen Umweltschutz?
Bereits in den 30er und 50er Jahren betreuten Bergsteiger Gebiete in der Sächsischen
Schweiz. Anfang der 80er Jahre nahmen die Schäden zu. Große Sandflächen entstanden.
1983 begannen Pirnaer Bergsteiger mit Forstamtsleiter Dietrich Graf im Rathener Gebiet
wieder mit den Arbeiten. Gemeinsam mit den Kollegen der heutigen Nationalparkverwaltung
wurden Schrammtor, Bloßstock und Gamrig saniert. Nach der Wende lebten die Einsätze
weiter. Jährlich beteiligten sich etwa 200 Bergsteiger an zehn bis zwölf
Arbeitsaktionen. Das schafft eine besondere Einstellung. Wer einmal mitgearbeitet hat,
kürzt nicht mehr über sanierte Flächen ab. Schon seit 1981 gibt es auch die Aktion
,,Sauberes Gebirge".
Was änderte sich für Bergsport-Naturschützer nach der Wende?
Als neuer Schwerpunkt kam die Öffentlichkeitsarbeit dazu. 1990 sammelten wir 50 000
Unterschriften für den Schutz der Sächsischen Schweiz. Seitdem gibt es auch unsere
Umweltzeitschrift ,,SächsischeSchweiz-Initiative". Bisher erschienen 15 Hefte zu
Themen wie Bebauung, Waldschäden, Tiefflüge oder Wanderwege. Experten stellen auch Tier-
und Pflanzenarten vor. Unerfreulich ist die vorgesehene Änderung der Bedingungen für die
Erosions-Sanierungs-Arbeiten.
Wieso?
Bisher betreute die Nationalparkverwaltung die Arbeitseinsätze. Nun sollen die
Bergsteiger die Holzbeschaffung im Sägewerk, den Holztransport, das Einspielen von Geld,
die gesamte Vorbereitung und Betreuung der Einsätze übernehmen. Das ist ehrenamtlich
nicht zu schaffen. Es wäre praktisch das Aus der Sanierungs-Einsätze für uns.
Verändern Ihre Aktionen etwas?
Ehemals versandete Hänge sind wieder bewachsen, feste Zugangspfade zu den Gipfeln wurden
angelegt. Die Umwelteinsätze gehören für viele Kletterklubs zum Klubleben. Beispielhaft
für die Zusammenarbeit von Bergsportlern und Naturschutz ist die Wiederansiedlung des
Wanderfalken. Entdecken die Falkenbetreuer Brutplätze, informieren wir unsere 150
Kletterklubs von der zeitweiligen Gipfelsperrung. 1998 nisteten elf Wanderfalkenpaare in
der Sächsisch-Böhmischen Schweiz. l5 Jungfalken flogen aus.
Halten sich alle an die Sperrung?
Leider nicht alle. Wir haben in Gipfelbüchern einige Eintragungen auf gesperrten Felsen
gefunden. Deshalb wollen wir in diesem Jahr nach Einweisung der Nationalparkverwaltung
Bergsteiger-Wachen an den Brutplätzen einrichten. Wer dabei mithelfen will, meldet sich
bitte in der SBB-Geschäffsstelle.
· Das Gespräch führte Jochen Mayer. |