.Sächsische Zeitung vom 11. 09.1998 |
Wanderfreunde und
Bergsportler sind beunruhigt. Das Umweltministerium plant, einen Teil der bisherigen
Wanderwege im Nationalpark Sächsische Schweiz aus ökologischen Gründen Zu sperren bzw.
rückzubauen. Der Sächsische Bergsteigerbund (SBB) hat jetzt einen eigenen Vorschlag für
ein neues Wegekonzept erarbeitet - mit deutlich weniger Einschränkungen.
Von Gunnar Saft
,,Das traditionelle, etwa 100 Jahre alte Netz an Wanderwegen soll
weitgehend erhalten bleiben, während auf das Begehen touristisch unbedeutender Wege -
besonders in der Kernzone des Nationalparks - aus Naturschutzgründen verzichtet
wird", erklärt Dr. Peter Rölke den Grundansatz des SBB-Papiers. Vorgeschlagen wird,
die Wanderwege und -pfade in der Sächsischen Schweiz künftig in zwei Kategorien zu
unterteilen sowie die Zugänge zu einzelnen Klettergipfeln noch einmal extra zu
markieren.Bei der ersten Kategorie, in der alle bereits heute offiziell ausgewiesenen
Wanderwege erfaßt sind, soll es in Zukunft keinerlei Änderungen geben. Rückbau oder
Sperrungen müßten hier grundsätzlich unterbleiben. Gleichzeitig stemmt sich der
Verband, der mehr als 7 000 Mitglieder vertritt, aber auch gegen einen massiven Ausbau
dieser Wanderwege. Als Negativbeispiele werden hier die Breite Kluft und Zugänge an der
Bastei angeführt, wo mittlerweile massive Holzbohlen bzw. Stahlgeländer die Landschaft
"verzieren". Der zweiten Kategorie werden schließlich alle unmarkierten
Bergpfade zugeordnet, die praktisch kaum von Touristen genutzt werden. Ortskundige
Wanderer müßten dieses Wegenetz auch in Zukunft auf eigene Gefahr betreten dürfen,
heißt es. Dafür soll aber bei Unfällen eine Haftung der Forstbehörde ausgeschlossen
werden. Während der SBB für die bekanntesten dieser Bergpfade - wie die
Rotkehlchenstiege, die Obere Affensteinpromenade oder der Goldsteig - weiterhin strikt
freien Zugang fordert, wurde dann bei einer Reihe von Schluchten und Wege dieser Kategorie
aus Naturschutzgründen darauf verzichtet. Das betrifft u. a. Wege im Großen Zschand und
den Thorwalder Wänden. Eine genaue Auflistung von unbedingt erhaltenswerten und eher
verzichtbaren Pfaden ist bereits in dem Konzept enthalten.
Rekord: 426 Kilometer offizielle Routen
,,Wir wollen, daß die Natur im Nationalpark für jedermann erlebbar bleibt und
gleichzeitig die Umwelt geschont wird", begründet Peter Rölke die Vorschläge.
,,Wandern auf altherbegangenen Pfaden schont die Landschaft und stört die Tierwelt
nicht." Das neue Wegekonzept ist bereits anderen Interessenverbänden und vor allem
der Nationalparkverwaltung zugegangen. Nun hofft der SBB auf positive Reaktionen. Das
dürfte allerdings gerade bei der Nationalparkverwaltung schwierig werden. Deren
Vorstellung weichen nämlich erheblich von dem jüngsten Papier ab. Gerade bei den vielen
Trampelpfaden und unmarkierten Wegen in der Sächsischen Schweiz seien wesentlich
stärkere Einschränkungen nötig, argumentieren die Mitarbeiter um Nationalparkchef Dr.
Jürgen Stein. Das inoffizielle Wegenetz hätte sich über die Jahre nicht nur stark
ausgebreitet und sei längst viermal größer als die offiziellen Wanderwege, vor allem
würde es den Erhalt der einzigartigen Landschaft gefährden. Mit 426 Kilometern an
markierten Wanderwegen sei der Nationalpark deutschlandweit ohnehin am besten erschlossen.
Mäßiger Rückbau und einzelne Sperrungen würden kaum ins Gewicht fallen, wird immer
wieder betont. Nach mehreren Verhandlungsrunden soll nun in den nächsten Wochen eine
Vorentscheidung fallen. Für Ende September hat das Umweltministerium einen ersten Entwurf
für ein neues Wegekonzept in der Sächsischen Schweiz angekündigt. Dann wird sich
zeigen, inwieweit die Einwände und Wünsche der Wanderfreunde berücksichtigt
werden.Umweitminister Arnold Vaatz (CDU) hat angekündigt, daß sich sein Raus dann einer
öffentlichen Diskussion stellen wird ,,Veränderungen der Wege" aus
Sicherheitsgründen für die Nationalparkbesucher und wegen des notwendigen
Landschaftsschutzes könnten danach aber nicht ausgeschlossen werden, baut er bereits vor.
Alte Grenzübergänge nach Tschechien
Pikant: Mindestens einen einflußreichen Politiker dürften die
Bergsportler und Wanderfreunde bereits auf ihre Seite haben - Ministerpräsident Kurt
Biedenkopf. In dem Wegekonzept des SBB wird nämlich auch vorgeschlagen, einige der bis
zum Zweiten Weltkrieg von vielen Wanderern genutzten Grenzübergänge nach Tschechien
wieder zu öffnen: kabensteine/Zadni Jetrichovice und Großer Zschand/ Mezna Louka.
Besonders letzterer ist gerade dadurch bekannt, daß Biedenkopf hier vorjahren den
Nationalpark Sächsische Schweiz offiziell ausgerufen hat. Der Wanderweg zu dem
historischen Ort soll nach bisherigen Plänen aber ebenfalls umgepflügt werden... |