Eigentlich geht das Leben im nordböhmischen Grenzort
Hrensko (Herrnskretschen) schon lange wieder seinen gewohnten Gang:
Sächsische Tagesausflügler durchstöbern die Angebote der zumeist
vietnamesischen Händler, kaufen Zigaretten stangenweise, packen CDs und
Videos – meist Raubkopien – in den Kofferraum, tanken billig oder
durchwandern den Ort auf dem Weg zum Prebischtor.
Kaum jemand bemerkt noch, dass in Hrensko offiziell der
Ausnahmezustand herrscht. Und das schon seit Ende Januar. Da hatten
Geologen Alarm geschlagen: Einige der Felsen des Elbsandsteingebirges über
dem Ort verzeichneten „Bewegungen“. Wenige Millimeter nur, aber gefährlich
genug, um größeres Unheil anzurichten, Häuser oder gar Menschen unter sich
zu begraben. Mehrere Häuser, darunter das Hotel „Lugano“, mussten
evakuiert werden, der Markt entlang der Kamenice wurde gesperrt. An die 50
Einwohner mussten ihre Häuser verlassen.
Wenn nichts mehr dazwischenkommt, soll ab heute morgens
um sechs der Ausnahmezustand aufgehoben werden. Dann endet die
Sonderbewachung der bis jetzt gefährdeten Objekte. Nur die Straße links
der Kamenice wird noch nicht vollständig befahrbar sein, heißt es.
60 Millonen Kronen (zwei Millionen Euro) haben die
Arbeiten gekostet. Dafür ist im wesentlichen das Prager Umweltministerium
aufgekommen. Und die Kosten werden noch steigen: Die Verkäufer, deren
Stände nahezu ein halbes Jahr geschlossen bleiben mussten, erhalten eine
finanzielle Entschädigung. Die Einkaufstouristen werden dafür sorgen, dass
sich die Kassen bald wieder füllen.