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Sächsische Zeitung vom 08.01.99 Keine Spur von kaltem Krieg
.. Natur und Klettern

Von Andreas Hammer

Kalter Krieg in der Sächsischen Schweiz. So war es vor Wochen im ,,Stern" zu lesen. Ein knallharter Satz, der Reinhold Messner aufhorchen ließ. Der Südtiroler ist von jeher an der Entwicklung des Kletterns im Elbsandstein interessiert und trägt sich mit einem Buchprojekt zum Felsklettern. Deshalb kam er während seiner Dezember-Vortragsreise mit Kennern und Könnern vor Ort ins Gespräch.

,,Wenn sich die weltweit auf dem Vormarsch befindliche Fit-For-Fun Mentalität durchsetzt, dann ist für viele Jahre Schluß mit der Kletterei", zeichnete der eigenwillige Abenteurer und Extrembergsteiger gleich zu Beginn der Diskussion ein düsteres Zukunftsbild. Widerspruch erntete er nicht. Nur zu gut wissen Leute wie Gisbert Ludewig - der mit über 1 000 Erstbegehungen aktivste Erschließer im sächsischen Fels, Buchautor und Fotograf Frank Richter, die Sportkletterer Gunter Gäbel und Alexander Adler,

Kletterführer-Chef Dietmar Heinicke oder Karsten Lohf aus Neustadt, der zahlreiche Erstbegehungen in obersten Schwierigkeitsgraden auf seinem Konto hat, daß es auch in Sachsen kurz vor zwölf ist.

Zu gegenwärtig waren die bereits seit Monaten mehr oder minder offen geführten ,,Kämpfe" zwischen Bergsportlern und Nationalparkverwaltung, zwischen Traditionalisten und Sportkletterern. ,,Da ist keine der Seiten kompromißbereit", meinte Adler und: ,,Die Sportkletterer werden stigmatisiert." eine Verletzung der Regeln oder eine Schädigung der Natur durch deren Aktivitäten könne er nicht erkennen. Mancher, so Adler, Würde das Gebirge allerdings schon als seinen privaten Vorgarten ansehen.

Mike Jäger, auf dessen Konto der umstrittene Stern-Artikel ging: ,,Durch die Sportkletterei werden neue Aspekte reingetragen. Und: Die Einhaltung der sächsischen Kletterregeln ist der beste Naturschutz überhaupt." Reinhold Messner plädierte dafür, sich das ,,Bergsteigen durch Können und nicht durch Eingriffe in die Natur zugänglich zu machen". Messner meinte - auch mit Blick auf den Alpinismus -, daß ein ,,Berg ohne tödliche Gefahr zur Attrappe wird". Jeder Kletterer sei deshalb Initiator, Akteur und Schiedsrichter zugleich.

Adler sprach von einer Inflation der Werte und davon, daß ,,die Kletterethik in der Sächsischen Schweiz von außen immer sehr hoch angesiedelt wird". Frank Richter: "Früher waren Kletterer eine verschworene Gemeinschaft. Übertretungen der Regeln wurden innerhalb der Truppe geahndet. Heute sollte man dazu kommen, wenigstens einen geistigen Austausch zu führen." Mit Aktionen wie dem illegalen Ringe ziehen würde eine kleine Rand-gruppe ,,das Klima in der Sächsischen Schweiz vergiften", sagte Dietmar Heinicke.

Mit dem Gedanken, das Bergsteigen aus Naturschutzgründen künftig nur einer leistungsstarken Elite zu ermöglichen, konnte sich keiner so recht anfreunden. ,,Dann dürfte man auch nur die ganz Reichen Auto fahren lassen", warf Gundel Strohbach aus Krippen ironisch ein. Sehr überrascht hat Messner der Fakt, daß Bernd Arnold an einigen seiner Routen nachträglich Ringe schlug. ,,Bernds Wege sind für mich Kunstwerke. Die kann man sich doch nicht selbst zerstören", lautete sein Kommentar. Neu war für ihn auch, daß selbst der Erstbegeher sich solche Aktivitäten genehmigen lassen muß. ,,Die Kletterei ist ein Volkssport geworden. Und da muß anerkannt werden, daß es Veränderungen gibt - zum Beispiel den Ruf nach mehr Sicherheit. Außerdem sind natürliche Sicherungen im Laufe der Jahrzehnte weggebrochen oder abgenutzt", warf Gisbert Ludewig in die Debatte.

Nach mehr als zweistündiger Diskussion, die Reinhold Messner sichtlich Vergnügen bereitete, stellte der Südtiroler erleichtert fest: ,,Kalter Krieg? Nein! Man muß nur miteinander reden können."

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