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Diese
Geschichte findet sich übrigens auch im neuen Kletterführer,
allerdings (aus Platzgründen) um ein paar Stellen gekürzt die den
Charakter unseres Freundes Perry etwas beleuchten ;-) Seine
Schilderung der Ereignisse in einem Brief an Fehrmann findend sich im
Anschluss [hier]
Walter Hünig schilderte in [19] Heft 4
1925 |
Die
Erstbesteigung der Jungfer |
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Wider lag ein Sonntag vor uns. Er sollte uns auf den Kreuzturm bringen.
„Uns“, d.h. meinen Freund Baudisch und mich. Aber wie so oft: Erstens
kommt es anders – und zweitens als man denkt. In Rathen gesellte sich
Herr Perry-Smith zu uns und schlug vor, doch die dritte Besteigung des
Schrammsteinwächters zu machen. Wir sagten auch zu, und ich wollte führen;
denn eine dritte Besteigung durchzuführen hat doch etwas besonderes an
sich. Alles ging sehr gut und vermutlich war Perry-Smith darüber sehr
erstaunt, denn auf dem Gipfel sagte er ganz unvermittelt: „Nun, jetzt
will ich sie an einen Fels führen, den sie vielleicht nicht bringen.“
Also hinab ging es zu unseren Rucksäcken, den Elbleitenweg entlang, bis
kurz vor den Wildschützenstieg zu einem ca. 50 m hohen, freistehenden
Turm: Der Jungfer. Hastig ging es durch den Kamin ohne besondere
Schwierigkeiten bis zum Vorgipfel. Hier hatte Perry-Smith nach seinen
Aussagen schon oft gestanden. „Nun
versuchen Sie das, ob Sie es bringen", meinte er zu mir. Geantwortet
habe ich nicht, denn was Perry-Smith nicht brachte, das traute ich mir
auch nicht zu. Ich wollte es aber versuchen.
Ein feiner Riß zieht sich ein Stück hoch, sonst nichts als glatte Wand.
Den Riß hielt ich nicht für günstig, deshalb ging ich dicht neben ihm
an die Wand. Perry-Smith meinte das wäre falsch, ich müsse den Riß
benutzen. Ich stieg deshalb das wenige zurück und wollte es mit Hilfe des
Risses versuchen. Hier fand ich jedoch keine mir zusagenden Griffe und
stieg deshalb an meiner alten Stelle wieder an. Schon war ich einige Meter
hoch, und wieder mahnte mich Perry-Smith, doch zurück zu gehen und den Riß
zu Hilfe zu nehmen. Da ich aber schon ein Stück hinter mir hatte, wollte
ich nicht mehr zurück und versuchte deshalb, weiter vorwärts zu kommen.
Langsam, sehr langsam ging es höher. Die Hälfte der Wand hatte ich
hinter mir, nun wollte es aber doch nicht mehr gehen. „Sie müssen
nachkommen und mich unterstützen, dann geht es", rief ich hinunter.
Perry-Smith kam auch nach, doch unterstützen konnte er mich nicht, weil
er selbst zu schlechten Stand hatte. Wieder umkehren - nein, also weiter
versuchen. Über mir sah ich einen Griff, aber ich konnte ihn noch nicht
erreichen. Vor der Brust einen kleinen Vorsprung von wenigen Zentimetern
Breite. Der mußte die Entscheidung bringen. Die eine Hand auf den
Vorsprung gedrückt, die andere fest an einem kleinen Griffe.
„Achtung!" sagte ich und drückte den Arm vorsichtig durch, den Körper
gut an die Wand, lasse den Griff los, taste nun langsam nach dem oberen
Griffe - gemacht. Er war gut und bald stand ich auf ihm. Nun konnte ich
auch das erste Mal ausruhen, denn ich hatte ja fast für einen ganzen Fuß
Platz. Wie sah es aber nun aus. Über mir und auch nach beiden Seiten
nichts als glatte Wand, aber dafür keine senkrechte Wand mehr. Hier
konnte ich etwas sichern und ließ deshalb Perry-Smith nachkommen. Auch er
stand ratlos an der einen Stelle vor dem Vorsprung. „wie haben sie das
gemacht“, fragte er zu mir. Ich erklärte es ihm, aber er wollte es
nicht mit dem Durchdrücken versuchen. Er wollte auf eine andere Art höher
kommen, aber er fand auch nichts besseres und machte es dann doch noch
nach meiner Anweisung. Nun standen wir nebeneinander. Auch er kam zu der
Überzeugung, daß es hier nicht weitergehe ohne Übereinanderstellen. Ich
schlug vor, einen Seilring einzuschlagen, was er eigentlich nicht wollte.
Ich ließ mich aber nicht davon abbringen. Und
zog am Seile Hammer, Meißel und Seilring, die Baudisch bereits eingepackt
hatte, mit Perry-Smith Hilfe nach oben. Jetzt kam ein schlechtes Stück
Arbeit an die Reihe. Wie nun ein Loch schlagen? Wir standen beide, jeder
mit einem Fuß in einem Tritt. Ich lehnte den Körper an die Wand und nahm
den Meißel, Perry-Smith hielt mich mit der linken Hand an meiner linken
Schulter fest und schlug mit dem Hammer auf den Meißel. Da wir öfters
ausruhen musste, hatten wir in ungefähr 1 ½ Stunden ein Loch von 10 cm
Tiefe geschlagen. Je tiefer wir kamen, desto besser wurde es für uns,
denn wir gewannen ja mit Hilfe des Meißels, der im Loch steckte, einen
guten Griff. Der Seilring wurde eingeschlagen, ich seilte mich aus, zog
das Seil durch den Ring und seilte mich wieder an. Jetzt zum Gipfel durch
Übereinanderstellen. Gesichert waren wir beide durch den Ring von
Baudisch auf dem Vorgipfel. Ich stieg auf Perry-Smiths Knie, dann auf
seine Schulter und konnte den Gipfel immer noch nicht erreichen. Nun mußte
er noch einen Arm ausstrecken und ich stieg mit Hilfe von Reibung an der
Wand auf seine Hand. Jetzt konnte ich den Gipfel erreichen, zog mich an
und stand nun auf der Jungfer. Beim Aufrichten hörte ich ein Klingen, als
ob ein Meißel an der Wand herunterrolle. Perry-Smith rief mir zu:
„Sichern", was ich auch möglichst schnell tat. Jetzt erst sah ich,
dass der Seilring durch mein Aufrichten auf dem Gipfel aus dem Loche
herausgezogen worden war und nun am Seile hing. Sehr schnell war
Perry-Smith bei mir und bald auch unser dritter Mann, der alles ganz vorzüglich
stieg. Gemeinsam erfreuten wir uns unserer vollbrachten Tat. Eine
Besuchskarte mit dem Datum 27. Mai 1906 ersetzte das Gipfelbuch. Doch nun
hinunter! Erst wurde der Ring an der alten Stelle mit Hilfe der
Seilsicherung von oben nochmals gut festgemacht. Einen zweiten Ring auf
dem Gipfel zu schlagen, war nach Perry-Smiths Überzeugung nicht nötig.
Er meinte: „Erst lassen wir Baudisch hinunter, dann lassen Sie mich bis
zum Ring. Dort warte ich und mache mich fest, und Sie lassen sich auf dem
Bauch herunterrutschen bis zum Ring, wo ich Sie auffange. Vom Ring seilen
wir uns dann ab nach dem Vorgipfel." So haben wir es auch getan und
sind wohlbehalten wieder unten angekommen. Der Gipfelring ist später vom
Klub Empor eingeschlagen worden.
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Perrys Variante
ist wegen der Briefform (an Rudolf Fehrmann) etwas kürzer ;-) |
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Lieber
Petrus! |
Rathen
a. d. Elbe, 26. Mai 1906 |
Vielen
Dank für Deine liebenswürdige Antwort auf meinen Brief bezüglich Herrn
Hünig. Ich bedaure, daß es Dir jetzt nicht möglich ist, die Sache
einzurenken, aber wir wollen hoffen, daß sich alles zu einem guten Ende
wenden wird. Komme bestimmt mit Sepp am l. Juni nach Rathen. Gestern war
ein Tag für mich, den ich niemals vergessen werde. Herr Hünig und ich
begaben uns in das Schrammsteingebiet, wo Herr Hünig den Torwächter als
erster bestieg. Dann bestiegen wir zusammen die Jungfrau und kletterten
sofort alle beide. Hünig führte und ich folgte dicht hinter ihm, um ihn
zu unterstützen. Drei Meter vor dem Gipfel standen wir zusammen in
kleinen Fußtritten mit glattem Fels vor uns und nicht das Geringste für
die Finger zum Greifen. Der Gipfel wurde erreicht, indem ich Hünig über
den glatten Fels schob, bis er die Spitze mit den Fingern erreichen
konnte. Baudisch, ein anderer sehr feiner Kletterer, kam in guter Form
nach. Erste Jungfraubesteiger: Walter Hünig, Oliver .Perry-Smith,
Baudisch, Hurra! Die Jungfrau ist der schwerste Felsen, der bis jetzt
erstiegen wurde. Er ist schwerer zu besteigen als die Barbarine oder der
Schrammtorwächter. Ich habe Dir viel zu erzählen, aber ich will warten
bis zum l. Juni, verpasse dann nicht, zu kommen. Mit viel Liebe für Sepp
und Dich selbst Dein treuer Freund Perry. |
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Übersetzung des englichen Originals
(geringfügig geändert) aus [11] |
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