übrig, die Arbeit zieht sich
in die Länge. Beim klettersportlichen Teil ist das nicht zu vermeiden: Gut
Ding will Weile haben, und zur Not läßt sich ein Weg eben auch ohne
Sockelbegrenzungs-Markierung durchsteigen. Doch bei den Boofen entstand ein
unbefriedigender Schwebezustand. In Schmilka beispielsweise war alles schon
"reguliert", während gleich gegenüber in den Affensteinen alles beim Alten
blieb. Oder auch nicht, wie diverse Waldbrände belegten. Für die
NP-Kontrolleure war das Regel-Provisorium ein Handicap, doch auch wir auf
seiten der Bergsportverbände befürchteten ein Ausufern. Disziplinlosigkeit
führt zu Verboten, das ist nichts Neues. Deswegen ist auch uns an einer
sinnvollen Kontrolle gelegen.
So kamen alle Seiten im Januar 2001 überein, die Boofen gesondert zu
behandeln und diesen Teil schneller abzuschließen. Das war vernünftig und
eine angenehme Arbeitsteilung. Die NPV vertraten Andreas Knaak und Holm
Riebe, die Bergsportverbände Horst Kern (SWBV), Klaus Kallweit und ich
(beide SBB). Eine Liste mit Vorschlägen für Boofen lag verabredungsgemäß von
unserer Seite Anfang März vor. Danach herrschte leider erst einmal Schweigen
im Walde, vielleicht auch wegen Zwistigkeiten zwischen Forst und NPV. Und
offensichtlich wusste man im Forstamt zu wenig vom bereits Erreichten. Das
hat sich nun geändert. Im Herbst kamen wir mit dem Forst überein, und der
Rest beschränkte sich mehr auf "technische" Probleme. Gerade dieser "Rest"
lief ziemlich gut. Wir einigten uns auf manche Punkte, bevor sie strittig
wurden. Zum Beispiel war nach Erfahrungen des Forstes die Teufelsturmboofe
ein Problem. Einmal erwischte man einen Mopedfahrer auf dem Elbleitenweg
beim Besorgen von Boofen-Nachschub in Gestalt von zwei Kästen Bier! Die
typische Reaktion eines Försters: Verbietet diese Boofe. Mein
Gegenvorschlag: Diese Boofe nicht verbieten, sondern gerade zulassen und
dafür besser kontrollieren. Denn dadurch erreichen wir ein Publikum, das
Veröffentlichungen wie diese wohl kaum lesen wird. Der Vorschlag wurde
angenommen. Das zeugt mehr als manches Andere vom Eingehen auf Argumente und
dem Willen zur Einigung.
Keinen Monat zu früh trat das mdr-Team von der Biwak-Sendung an uns heran
und gestaltete eine schöne Sendung über Boofen, die im Februar zu sehen war.
Wir hoffen, auf diese Weise das Anliegen des Boofens vielen Zuschauern nahe
gebracht zu haben: Kein Firmenevent mit Grillfete, sondern Naturerlebnis.
Das Ergebnis
Was ist unter dem Strich herausgekommen?
Im Papier sind 57 Boofen aufgelistet (natürlich außerhalb der Kernzone),
Schlafstellen aller Größen - von der Teufelsturmboofe bis hin zur
exponierten Zweimannboofe auf hohem Band. Es sind einige Boofen dabei, deren
Vorschläge noch vor drei Jahren mit einem Aufschrei vom Tisch gefegt worden
wären. Daran zeigt sich gut, wieviel sich geändert hat in der letzten Zeit.
Alle Boofen liegen im Nationalpark, sonst wären sie kein
Verhandlungsgegenstand gewesen.
Das Feuerverbot ist davon unberührt, es wird explizit erwähnt. Wir hätten
uns an dieser Stelle eine Absichtserklärung gewünscht, aber man kann nicht
alles haben. Das Thema ist deswegen nicht vom Tisch. Ein zusätzlicher Passus
hätte uns nur die kommende Arbeit erleichtert. Der Vorschlag des Forstes,
mit den Kommunen Grillplätze einzurichten, wird den meisten wohl nur ein
Schmunzeln entlocken. Grillplätze sind deswegen nicht schlecht, aber sie
gehören auf ein anderes Blatt. Ein kleiner "Erfolg" ist dennoch zu
vermerken: Kleinkochgeräte sind erlaubt, außer bei Waldbrandgefahr
natürlich.
Weiter ist der Passus der Nationalparkverordnung (NPVO) enthalten, nach dem
Boofen an die "unmittelbare Ausübung des Klettersports" gebunden ist. Dieser
Passus soll mit der novellierten NPVO fallen und durch die Zielsetzung des
Boofens ersetzt werden. Diese Zielsetzung findet sich aber schon unmittelbar
nach dem Verbot und liest sich so: Das Freiübernachten in Felsgebieten des
Nationalparks stellt einerseits einen nicht unerheblichen Belastungsfaktor
für den Naturhaushalt, andererseits aber auch eine besondere Möglichkeit des
unmittelbaren Naturerlebens dar. Unmittelbares Naturerleben birgt wiederum
die Chance, dass sich Verständnis für die Aufgaben und Probleme des
Naturschutzes und darausfolgendes Engagement entwickelt.
Selbst ein oberflächlicher Vergleich mit früheren offiziellen Statements
zeigt, wieviel sich zum Guten hin verändert hat. Wir sind auf jeden Fall auf
dem richtigen Weg. Ich habe dieses "sich entwickelnde Engagement" schon vor
20 Jahren an mir selbst beobachtet, als ich bis zu 30 mal pro Jahr draußen
schlief und ansehen musste, was die langhaarigen "Problembürger" in der
Sächsischen Schweiz anrichteten.
Wie
weiter?
Noch in einem Punkt sind sich alle Beteiligten
einig: Wir veröffentlichen keine detaillierte Liste von Boofen mit
Zugangsbeschreibungen. Wer einen "Boofentourismus" fördert, sägt an dem Ast,
auf dem wir sitzen. Massenbetrieb widerspricht dem Geist des obigen Zitats.
Nichts gegen eine kleine Feier aus gegebenem Anlass, aber das darf nicht zur
Hauptsache werden. Über die Art und Weise der Veröffentlichung einer groben
Liste reden wir derzeit. Sie soll Naturfreunden und Bergsteigern durchaus
etwas sagen, doch Wegebeschreibungen wird es nicht geben. Anfragen in der
NPV und beim SBB werden in diesem Sinne beantwortet.
Alles paletti? Sicher nicht.
Wir haben schöne Boofen, auch wenn wir natürlich nicht alle gewünschten
haben - es sind trotzdem mehr als anfangs erhofft. Damit dieser Bestand
stabil bleibt, darf es nicht zu "Exzessen" kommen: 50 grölende Sänger mitten
im Wald, abgeschlagene Bäume, Trampelspuren auf den steilsten Hängen,
Müllhalden. Jeder kennt das. Der im Foto gezeigte Wald ist vor nicht so
langer Zeit "verdünnt" worden. Dabei ist diese Boofe ist sauber, ruhig und
abseits gelegen - man glaubt es kaum, wenn man diesen gelichteten Wald
sieht. Jeder Boofer eigentlich wissen, dass der Begriff "Totholz"
irreführend ist. Das gilt besonders für dickere Stämme.
Appelle sind zwar nicht
schlecht, doch sie erreichen nur die Vernünftigen. Die schweren Vergehen
werden nur zurückgehen, wenn Kontrolleure sichtbar auftreten und ggf.
Konsequent bestrafen. Um Missverständnisse zu vermeiden: Niemand von uns
will eine militante Kontrolle. Ich habe es selbst früher oft genug erlebt,
dass das blosse Nach-dem-Rechten-Schauen mit Smalltalk viel Wirkung zeigt.
Auf der anderen Seite muss eben auch klar sein, dass ein Feuer bei
Waldbrandgefahr das eigene Girokonto und auch die eigene Freizeit recht
effektiv verringern kann.
Kontrolle ist ein
schwieriges Thema, das uns noch lange beschäftigen wird. Ohne Kontrolle
bleibt die ganze Bergsportkonzeption ein Papiertiger.
Gerade angesichts der
Akzeptanz von Kontrollen wäre es aber sehr wünschenswert, wenn wir für das
Feuern wieder eine sinnvolle Regelung finden könnten. Schließlich gab es
schon eine Sondererlaubnis vom Forst, sie war nur abgelaufen. Wir bleiben
dran. Forst und Nationalparkverwaltung werden seit März gemeinsam von einem
Aufbaustab (unter Leitung von Dr.Stein) verwaltet und perspektivisch ganz
zusammengeführt. Vielleicht ist das eine günstige Randbedingung für unser
Anliegen.
Schließlich denken wir auch
unverbindlich an mögliche Übereinkünfte im linkselbischen Teil. Keinesfalls
soll dabei etwas reguliert werden, wo gar nichts zu regulieren ist. Auch
sind dort die rechtlichen Verhältnisse oft sehr kompliziert. Das wird
schwieriger als im Nationalpark. Auf der anderen Seite wird wohl niemand
bestreiten, dass eine Bergsportkonzeption beispielsweise für das Bielatal -
zusammen mit toleranter, wirksamer und akzeptierter Kontrolle - bei den
jetzigen Zuständen nicht verkehrt sein kann.
Erst einmal ist es aber
Zeit, Horst Kern und vor allem Klaus Kallweit für die viele Arbeit zu
danken, die sie investierten - und ebenso den Vertretern der NPV für gute
Zusammenarbeit.