Boofen im Nationalpark
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    Boofen im Nationalpark: Verhandlungen abgeschlossen
Reinhard Wobst (Zwinki)

Es ist noch nicht allzu lange her, als an dieser Stelle ein unerfreulicher Beitrag von mir erschien: Das Feuern in Boofen ist seit Jahresbeginn 2000 untersagt. Nun gibt es endlich wieder Positives zum Schlafen unter freiem Himmel zu vermelden. Seit kurzem liegt von den Verhandlungen zur Bergsportkonzeption der Teil "Boofen im Nationalpark" unterschriftsreif vor. Bevor ich auf Einzelheiten eingehe, noch ein wenig zum Umfeld:
An der Bergsportkonzeption sitzen wir nun schon fast 6 Jahre. Sie beinhaltete anfangs alle Seiten des Bergsports: Kletterwege, Sockelbegrenzungen, Zugänge zu Gipfeln, Bergpfade sowie Wanderwege, die nach Auffassung der Nationalparkverwaltung Bergpfade waren. Aus langem, heftigem Streit

    heraus entstand die Arbeitsgruppe Wanderwege, die trotz eines gelungenen Kompromisses immer noch aktiv ist - der Streitfall Grenzweg belegt es.
Trotzdem blieb und bleibt ein Wust von Aufgaben

"Verdünnter" Wald in der Nähe einer Boofe

Foto: Dr.Volker Beer

   

übrig, die Arbeit zieht sich in die Länge. Beim klettersportlichen Teil ist das nicht zu vermeiden: Gut Ding will Weile haben, und zur Not läßt sich ein Weg eben auch ohne Sockelbegrenzungs-Markierung durchsteigen. Doch bei den Boofen entstand ein unbefriedigender Schwebezustand. In Schmilka beispielsweise war alles schon "reguliert", während gleich gegenüber in den Affensteinen alles beim Alten blieb. Oder auch nicht, wie diverse Waldbrände belegten. Für die NP-Kontrolleure war das Regel-Provisorium ein Handicap, doch auch wir auf seiten der Bergsportverbände befürchteten ein Ausufern. Disziplinlosigkeit führt zu Verboten, das ist nichts Neues. Deswegen ist auch uns an einer sinnvollen Kontrolle gelegen.
So kamen alle Seiten im Januar 2001 überein, die Boofen gesondert zu behandeln und diesen Teil schneller abzuschließen. Das war vernünftig und eine angenehme Arbeitsteilung. Die NPV vertraten Andreas Knaak und Holm Riebe, die Bergsportverbände Horst Kern (SWBV), Klaus Kallweit und ich (beide SBB). Eine Liste mit Vorschlägen für Boofen lag verabredungsgemäß von unserer Seite Anfang März vor. Danach herrschte leider erst einmal Schweigen im Walde, vielleicht auch wegen Zwistigkeiten zwischen Forst und NPV. Und offensichtlich wusste man im Forstamt zu wenig vom bereits Erreichten. Das hat sich nun geändert. Im Herbst kamen wir mit dem Forst überein, und der Rest beschränkte sich mehr auf "technische" Probleme. Gerade dieser "Rest" lief ziemlich gut. Wir einigten uns auf manche Punkte, bevor sie strittig wurden. Zum Beispiel war nach Erfahrungen des Forstes die Teufelsturmboofe ein Problem. Einmal erwischte man einen Mopedfahrer auf dem Elbleitenweg beim Besorgen von Boofen-Nachschub in Gestalt von zwei Kästen Bier! Die typische Reaktion eines Försters: Verbietet diese Boofe. Mein Gegenvorschlag: Diese Boofe nicht verbieten, sondern gerade zulassen und dafür besser kontrollieren. Denn dadurch erreichen wir ein Publikum, das Veröffentlichungen wie diese wohl kaum lesen wird. Der Vorschlag wurde angenommen. Das zeugt mehr als manches Andere vom Eingehen auf Argumente und dem Willen zur Einigung.
Keinen Monat zu früh trat das mdr-Team von der Biwak-Sendung an uns heran und gestaltete eine schöne Sendung über Boofen, die im Februar zu sehen war. Wir hoffen, auf diese Weise das Anliegen des Boofens vielen Zuschauern nahe gebracht zu haben: Kein Firmenevent mit Grillfete, sondern Naturerlebnis.
 


Das Ergebnis

Was ist unter dem Strich herausgekommen? Im Papier sind 57 Boofen aufgelistet (natürlich außerhalb der Kernzone), Schlafstellen aller Größen - von der Teufelsturmboofe bis hin zur exponierten Zweimannboofe auf hohem Band. Es sind einige Boofen dabei, deren Vorschläge noch vor drei Jahren mit einem Aufschrei vom Tisch gefegt worden wären. Daran zeigt sich gut, wieviel sich geändert hat in der letzten Zeit. Alle Boofen liegen im Nationalpark, sonst wären sie kein Verhandlungsgegenstand gewesen.

Das Feuerverbot ist davon unberührt, es wird explizit erwähnt. Wir hätten uns an dieser Stelle eine Absichtserklärung gewünscht, aber man kann nicht alles haben. Das Thema ist deswegen nicht vom Tisch. Ein zusätzlicher Passus hätte uns nur die kommende Arbeit erleichtert. Der Vorschlag des Forstes, mit den Kommunen Grillplätze einzurichten, wird den meisten wohl nur ein Schmunzeln entlocken. Grillplätze sind deswegen nicht schlecht, aber sie gehören auf ein anderes Blatt. Ein kleiner "Erfolg" ist dennoch zu vermerken: Kleinkochgeräte sind erlaubt, außer bei Waldbrandgefahr natürlich.
Weiter ist der Passus der Nationalparkverordnung (NPVO) enthalten, nach dem Boofen an die "unmittelbare Ausübung des Klettersports" gebunden ist. Dieser Passus soll mit der novellierten NPVO fallen und durch die Zielsetzung des Boofens ersetzt werden. Diese Zielsetzung findet sich aber schon unmittelbar nach dem Verbot und liest sich so: Das Freiübernachten in Felsgebieten des Nationalparks stellt einerseits einen nicht unerheblichen Belastungsfaktor für den Naturhaushalt, andererseits aber auch eine besondere Möglichkeit des unmittelbaren Naturerlebens dar. Unmittelbares Naturerleben birgt wiederum die Chance, dass sich Verständnis für die Aufgaben und Probleme des Naturschutzes und darausfolgendes Engagement entwickelt.
Selbst ein oberflächlicher Vergleich mit früheren offiziellen Statements zeigt, wieviel sich zum Guten hin verändert hat. Wir sind auf jeden Fall auf dem richtigen Weg. Ich habe dieses "sich entwickelnde Engagement" schon vor 20 Jahren an mir selbst beobachtet, als ich bis zu 30 mal pro Jahr draußen schlief und ansehen musste, was die langhaarigen "Problembürger" in der Sächsischen Schweiz anrichteten.
 

Wie weiter?

Noch in einem Punkt sind sich alle Beteiligten einig: Wir veröffentlichen keine detaillierte Liste von Boofen mit Zugangsbeschreibungen. Wer einen "Boofentourismus" fördert, sägt an dem Ast, auf dem wir sitzen. Massenbetrieb widerspricht dem Geist des obigen Zitats. Nichts gegen eine kleine Feier aus gegebenem Anlass, aber das darf nicht zur Hauptsache werden. Über die Art und Weise der Veröffentlichung einer groben Liste reden wir derzeit. Sie soll Naturfreunden und Bergsteigern durchaus etwas sagen, doch Wegebeschreibungen wird es nicht geben. Anfragen in der NPV und beim SBB werden in diesem Sinne beantwortet.

Alles paletti? Sicher nicht. Wir haben schöne Boofen, auch wenn wir natürlich nicht alle gewünschten haben - es sind trotzdem mehr als anfangs erhofft. Damit dieser Bestand stabil bleibt, darf es nicht zu "Exzessen" kommen: 50 grölende Sänger mitten im Wald, abgeschlagene Bäume, Trampelspuren auf den steilsten Hängen, Müllhalden. Jeder kennt das. Der im Foto gezeigte Wald ist vor nicht so langer Zeit "verdünnt" worden. Dabei ist diese Boofe ist sauber, ruhig und abseits gelegen - man glaubt es kaum, wenn man diesen gelichteten Wald sieht. Jeder Boofer eigentlich wissen, dass der Begriff "Totholz" irreführend ist. Das gilt besonders für dickere Stämme.

Appelle sind zwar nicht schlecht, doch sie erreichen nur die Vernünftigen. Die schweren Vergehen werden nur zurückgehen, wenn Kontrolleure sichtbar auftreten und ggf. Konsequent bestrafen. Um Missverständnisse zu vermeiden: Niemand von uns will eine militante Kontrolle. Ich habe es selbst früher oft genug erlebt, dass das blosse Nach-dem-Rechten-Schauen mit Smalltalk viel Wirkung zeigt. Auf der anderen Seite muss eben auch klar sein, dass ein Feuer bei Waldbrandgefahr das eigene Girokonto und auch die eigene Freizeit recht effektiv verringern kann.

Kontrolle ist ein schwieriges Thema, das uns noch lange beschäftigen wird. Ohne Kontrolle bleibt die ganze Bergsportkonzeption ein Papiertiger.

Gerade angesichts der Akzeptanz von Kontrollen wäre es aber sehr wünschenswert, wenn wir für das Feuern wieder eine sinnvolle Regelung finden könnten. Schließlich gab es schon eine Sondererlaubnis vom Forst, sie war nur abgelaufen. Wir bleiben dran. Forst und Nationalparkverwaltung werden seit März gemeinsam von einem Aufbaustab (unter Leitung von Dr.Stein) verwaltet und perspektivisch ganz zusammengeführt. Vielleicht ist das eine günstige Randbedingung für unser Anliegen.

Schließlich denken wir auch unverbindlich an mögliche Übereinkünfte im linkselbischen Teil. Keinesfalls soll dabei etwas reguliert werden, wo gar nichts zu regulieren ist. Auch sind dort die rechtlichen Verhältnisse oft sehr kompliziert. Das wird schwieriger als im Nationalpark. Auf der anderen Seite wird wohl niemand bestreiten, dass eine Bergsportkonzeption beispielsweise für das Bielatal - zusammen mit toleranter, wirksamer und akzeptierter Kontrolle - bei den jetzigen Zuständen nicht verkehrt sein kann.

Erst einmal ist es aber Zeit, Horst Kern und vor allem Klaus Kallweit für die viele Arbeit zu danken, die sie investierten - und ebenso den Vertretern der NPV für gute Zusammenarbeit.

   

 

letzte Bearbeitung: 24.12.02

 

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