Vor 80 Jahren wurde der
Kletterfelsen Zwillinge zum ersten Mal bestiegen
(Heinz Gliniorz) Die freistehenden Sandsteinfelsen am und
auf dem weithin sichtbaren Pfaffenstein hatten es dem später als Kunstmaler
bekannt gewordenen Oscar Victor Bialla aus dem Kurort Gohrisch und seinem
Bergfreund Kurt Horn in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts
angetan. Als Mitglieder vom Arbeiter Turn- und Sportverein wurden hier
gemeinsam Kletterwege im mittleren Schwierigkeitsbereich absolviert und neue
Aufstiege gefunden. Mehrere Erstbegehungen am Kletterfelsen Raue Zinne
tragen seit dem Jahre 1920 die Handschrift von Horn und Bialla. Ein Jahr
nach diesen Erfolgen wurde die Bezwingung eines bis dahin noch nicht
bestiegenen Doppelturmes an der Südseite vom Pfaffenstein in den Tourenplan
von Kurt Horn aufgenommen und die Besteigung in den letzten Märztagen
vorbereitet. Am 28. März 1921 stiegen beide Bergfreunde vom Nordosten in den
schluchtartigen Kamin ein und erreichten nach mäßig schwerer Kletterei die
Hochscharte. In der Nordwestseite führte ein weiteres Stück Kamin- und
Wandkletterei zum Gipfel. Horn und Bialla gaben diesem Aufstieg damals die
Bezeichnung Schluchtweg. Wenige Wochen später führte der Vorsteiger Kurt
Horn eine Seilschaft über einen neuen schweren Aufstieg auf diesen nun
bereits bekannten Doppelgipfel mit dem Namen Zwillinge. Und noch einmal
erschien der Name Kurt Horn in einer Erstbegehung an den Zwillingen. In
einer 5er Gemeinschaft konnte im Herbst des Jahres 1921der untere Teil der
bis dahin unberührten Talseite erfolgreich bezwungen werden.
Kletterklub „Freie Bergler 1926“ setzten neue Klettermaßstäbe
Die hohe Talseite der Zwillinge gradlinig zu besiegen war
das Ziel der „Freien Bergler“ bei ihren Bergfahrten im Mai 1933. Gerhard
Rößger und Hardy Bischoff aus Dresden sowie dem Königsteiner Walter Goll
hatte es der langgezogene bis unter einen Überhang führende Riss angetan. Am
Einstieg kamen dieser Seilschaft noch Zweifel auf, ob sie überhaupt die
ersten Bezwinger dieses Weges sein werden. Im Tourenbuch schreibt der
Vorsteiger dazu „Die ersten Meter des Risses sind mir vom Gamsspitzlerweg
her bekannt. In etwa 10 Meter Höhe lege ich eine Seilschlinge um einen
hübschen Zacken. Immer wieder hängt der Fels etwas über. Ab und zu lasse ich
Steine hinunterpoltern. Einige liegen so leicht da, daß ein geringes
Berühren dieselben ins Rollen bringt. Für uns das untrügliche Zeichen, daß
wir hier wirklich die Ersten sind“. Nach 30 Metern wurde der erste
Sicherungshaken geschlagen, und nach vielen Stunden gemeinsamer Arbeit am
Fels wurde der besonders schwere Aufstieg mit dem Gipfelsieg gekrönt.
Berglieder erklangen und zur Erinnerung an diesen langen Klettertag schlägt
der Vorsteiger die Buchstaben FB für „Freie Bergler“ am Wegeeinstieg Neuer
Talweg in den Sandstein. Am Kletterfelsen Zwillinge trat für die nächsten 15
Jahre Ruhe ein. Erst ab dem Jahre 1948 kam es zu weiteren Neuaufstiegen
durch Königsteiner und Pfaffendorfer Bergsteiger. In der ersten Adventwoche
1963 wählten die Erstbegeher Günter Schmiede und sein Klubkamerad Weigand
eine neue Variante zum Erreichen des Gipfels. Mit einem Sprung in der
Schwierigkeitseinstufung „schwer“ zum Absatz des bereits seit vier
Jahrzehnten begangenen Schartenweges gelangten beide unversehrt zum Gipfel.
Frauen waren bei Erstbegehungen im obersten Schwierigkeitsbereich
beteiligt
Die nahezu 30 anerkannten Aufstiege am Zwillingsturm
erhielten die vielfältigsten Bezeichnungen. Neben dem Sachsenweg (Hermann
Potyka), Zwischen Himmel und Erde (Herbert Böhrner) und Randkluft (Horst
Heller) stechen die im Jahre 1985 in kurzer Folge durchstiegenen und mit
mehreren Ringen abgesicherten extrem schweren Wege Nullpunkt und
Altersschwäche hervor. Dabei führten der Vorsteiger Christian Günther die in
Bergsteigerkreisen geachtete Angela Strieks sowie der Pirnaer
Extremkletterer Uwe Horst gemeinsam mit Steffen Roßburg die Bergfreundin
Petra Hartmann auf den Gipfel des Doppelturmes Zwillinge.