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Neben Nagelschuhen wurden die allerersten touristischen
Besteigungen auf Strümpfen durchgeführt. Allgemein wird Oscar Schuster die Einführung
des alpinen Kletterschuhes im Sächsischen zugeschrieben. Die Hanfsohle hielt sich bis zum
Zweiten Weltkrieg. Danach gab es nicht mal mehr Hanf und so wichen die Helden der Stunde
auf das aus was Gott von vornherein dafür vorgesehen hatte, die nackten Füße. Mit
beachtlichen Erfolgen! Prominentester Vertreter der Barfußkletterei ist wohl Bernd
Arnold. Zum Schutz der Knöchel wurden verschiedenste Konstruktionen eingeführt und für
alle, die unten ohne nicht wollten oder konnten gab es alles mögliche an
Schuhen. Das Spektrum reichte vom Filzlatsch bis zum Fußballschuh mit abgeschnittenen
Stollen. |
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Ein Geleitwort aus berufendem Munde [12] |
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Fast noch wichtiger als das Seil ist der Kletterschuh, der für das Klettern in den
Sandsteinfelsen für unentbehrlich gilt. Billig sind die in allen Schuhwarenhandlungen
käuflichen "Telephonarbeiterschuhe"; diese Halbschuhe genügen selbst für die
schwersten Unternehmungen, besser aber sind hohe, stiefelartige Kletterschuhe. Jedenfalls
müssen die Kletterschuhe straff ansitzen. Die Sohle soll sehr geschmeidig und von
mittlerer Stärke (Dicke) sein. Sohlen aus Bindfaden sind haltbarer, haften aber
schlechter als aus Hanf geflochtene. Das Zuschnüren der Schuhe soll durch Löcher
erfolgen, Oesen drücken beim Einklemmen des Fusses in Spalten ins Fleisch
Ein kurzer Abriß von einem, der es wissen muß []:
Not macht erfinderisch - Von der Hanf- zur Superhaftsohle
Als ich 1942 zu klettern begann, waren Kletterschuhe - sächsisch auch,
"Patten" genannt - mit Hanfsohlen üblich....................................
Es gab halbhohe und hohe Ausführungen. Der Schaft war aus grauem Rindsspalt - im
Volksmund Wildleder genannt. Die Sohle aus blaß gelbem Hanf, wie ihn heute noch der
Klempner zum Dichten von Rohrverbindungen verwendet. Wer weniger Geld ausgeben wollte,
versuchte sein Glück mit sogenannten ,,Dachdeckerlatschen" aus derbem Leinen mit
einer bräunlichen Hanfsohle. Diese Sohlen standen auf Reibung sehr gut, besonders wenn
sie etwas angefeuchtet wurden, wobei nicht immer Wasser verwendet wurde. Dünne Haut und
empfindliche Füße zwangen mich von jeher, in Schuhen zu klettern.
1946 wieder aus der Gefangenschaft zurück, hatte ich das Glück, ein Paar hohe
Spaltlederschuhe mit Sohlen aus italienischem Langhanf zu bekommen. Sie waren natürlich
am Jahresende vollkommen verbraucht. Was tun? |
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Hanf gab es schwer. Also trennte ich alte gedrehte Seile auf, flocht daraus einen langen
Zopf und nähte ihn kunstgerecht mit runder Nadel zu einer Sohle zusammen. Mit solchen
Schuhen gelangen immerhin Reibungswege im Vllc-Bereich, in Rissen aller Breiten waren sie
unübertroffen. Der Nachteil, sie verschlissen sehr schnell.
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Es galt also, deren
Haltbarkeit zu verbessern!
1. Variante; Die Sohlen wurden mit Gummilösung getränkt. Der Nachteil war jedoch, daß
sich der Sand Rathens unlösbar mit der Sohle verband.
2. Variante: Tränken der Sohle mit ,,Igeilt", einem PVC-Produkt (durch Sporthaus
Hübner in Zittau). Das ergab eine im Sommer sehr flexible Sohle; bei kalter Witterung
wurde sie jedoch hart, und die gute Reibungseigenschaft verschwand.
Einige versuchten sich auch in ,,Igelitschuhen", die aber auch die thermoplastischen
Eigenschaften des PVC hatten. Dasselbe Theater mit ,,Igelitsohlen".
Mitte der 50er Jahre tauchten dann über Westreisende - man konnte noch mit einer Anlage
zum Personalausweis in die Alpen - eine gerippte Gummisohle auf. Der Hersteller nannte sie
,,Malo" (ob der gleichlautende Spitzname eines namhaften Kletterers daher rührt,
entzieht sich meiner Kenntnis).
Diese Sohle hatte den Nachteil, daß sich die feinen Querrippen mit Erde zusetzten und so
gute Reibung vermindert wurde. Ebenfalls aus westlichen Gefilden tauchte dann der
Porokrepp auf, der, dann bei uns produziert, nun zur Standardsohle wurde.
In der Zwischenzeit kletterten die Gebrüder Böhm mit Basketballschuhen und hatten große
Erfolge. Diese Schuhe kann man als Vorläufer heutiger Kletterschuhe betrachten. Doch
zurück zum Porokrepp. Die Sohle allein brachte nicht den Erfolg. Gemäß der
Planungsideologle wurden die Schäfte der Kletterschuhe in der DDR nicht verändert. Was
trotzdem damit geklettert wurde, ist erstaunlich.
Bis zur Wende stagnierte bei uns die Schaftform. Der Schuh ließ sich nicht bis zur Spitze
schnüren, und um den Knöchel schlapperten auch manche Modelle. |
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Dagegen war die Variante der
tschechischen Kletterer ein voller Erfolg. Ein knallenger Filzschuh mit Porosohle, der
Schaft gegen Abrieb mit Unmengen Leukoplast beklebt, drang bis in den IXer-Bereich vor.
Die Gebrüder Coubal bezwangen damit sogar die Ostwand des Lobuje Peak (6119 m), 31
Seillängen, z.T. im VIIIer-Bereich (UIAA), im Himalaja. Die Filzschuhe kann man
funktionell mit den heutigen ,,Ninjas" gleichsetzen, wobei Reibung der Sohle und
Haltbarkeit dieser Schuhe wesentlich besser sind.
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In den 70er und 80er Jahren entdeckten die westlichen Kletterer die Sächsische Schweiz,
und mit ihnen kamen die legendären EB's. Ein Schuh aus gummiertem Leinen, mit Rauhleder
verstärkt, mit umlaufendem Gummirand und, das ist das Wichtigste, mit einer profillosen
flexiblen Hartgummisohle, die eine gewisse Kantensteifigkeit besitzt und sich gut säubern
läßt.
Das galt es also nachzuerfinden! Als Erstes mußte die Form der Schuhe geändert werden.
Das gelang ohne Mühe - ein schmaler Leisten mit fast symmetrischer Form - ein Alptraum
für jeden Orthopäden. Zweitens stand uns mit einem Schweinsspalt ein gutes abriebfestes
Leder zur Verfügung.
Das Problem: die Sohle. Nach längerem Forschen kam ich auf Lkw-Felgenband. Ein relativ
trockener Gummi mit 60er shore-Härte. Damit gelangen Falk Schelzel immerhin einige
IXc-Wege.
In den 80er Jahren tauchten dann die heute noch gängigen Sohlen auf. Meine geschulte Nase
erfaßte einen Kolophoniumduft, und nach wochenlangem Forschen verhalf mir ein
verständisvoller, ebenfalls nicht ganz auf Parteilinie liegender Chemiker in einem
Reifenwerk zu einer hervorragenden Klebesohle.
Nun konnte ich ,,guten Leuten" mit Schuhen dienen, die Westschuhen kaum nachstanden.
Mit dem Erfolg, daß ich mich nicht mehr in der Sportöffentlichkeit sehen lassen konnte,
ohne nicht wegen ein Paar ,,Latschen" angehauen zu werden. Zwischen Kohlen,
Kellerasseln, zusammengesuchten Pressen und einer Ausputzmaschine Baujahr 1925 entstanden
recht brauchbare Schuhe, die mir noch heute manchmal begegnen.
Durch meine Verkaufsstrategie:
1. Du weißt nicht, von wem die Latschen sind
2. Du mußt einen Weg meiner Wahl mit mir klettern
kam ich zu wunderbaren Kletterwegen, die außerhalb meiner Möglichkeiten im Vorstieg
lagen.
Nun, da der Markt mit Kletterschuhen jeder Art überschwemmt ist, habe ich endlich meine
Ruhe und kann mir Lichtbilderabende ohne Auftragserteilung ansehen.
Im Nachhinein ist es schön zu wissen, daß mein Hobby vielen und auch mir selbst zu
besseren Leistungen verholfen hat und die vielen Stunden meiner kostbaren Freizeit, da ich
noch beruflich tätig war, nicht umsonst waren. -
Woldemar Hohmann
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