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Die Ruine erhebt sich am Hange einer Anhöhe, die nach der Elbe zu steil
abfällt, gegen das Rathener Tal hin sich senkt, oberhalb des jetzigen
Gasthofs zum Erbgericht, etwa 60 m über dem Eibspiegel. Der Graben der
ehemaligen Burg ist an der Eibseite noch zu erkennen. Vom alten Schloß
sind noch erhalten Mauerreste mit Rundbogenwölbungen und Fenstern und
verschiedene Keller. Beachtenswert ist die Mauer, die den Hang gegen den
Amselgrund hin abschloß. In den Ruinen hat sich eine Gastwirtschaft
angesiedelt, die, nach einem Brande 1902 neu errichtet, den alten Grundriß
zum Teil verdeckt.
Historisches:
Die geschichtlichen Nachrichten betreffen wohl beide Burgen,
namentlich aber und besonders seit dem 15. Jahrhundert sind sie auf die
Hauptburg Alt Rathen zu beziehen. Schon aus der ältesten Erwähnung, wie
aus den folgenden Urkunden ergibt sich, daß Rathen ursprünglich zu Böhmen
gehörte. In dem bekannten Tauschvertrag vom 6. Februar 1289 zwischen König
Wenzel von Böhmen und Markgraf Friedrich Klemme von Meißen wird
bestimmt, daß Ramvoldus de Nimans, purchravius in Lapide (Königstein)
cum eodem castro in Lapide et Castro in Raten (falls gewisse
Vertragsbestimmungen nicht erfüllt würden) dem Meißner Markgrafen
gehorsam sein solle. 1361 wird R. als eine freie Herrschaft bezeugt. Denn
erst nachdem Petrus de Michelsperg — bona sua libera, videlicet ambo
castra Ratny — vor dem Kaiser und böhmischen König Karl IV.
aufgelassen hatte, bekam er es vom Kaiser am selben Tage (1361 März 6.)
als Lehen (in feudum) zurück.
1363 Mai 8. bewilligte der böhmische König demselben
Peter v.
Michelsberg einerseits und den Brüdern von Rosenberg andrerseits
mit ihrem Besitze (cum oppido Uscz (== Auscha) et duobus castris Rachny
[lies Rathny], que P. de M. a rege in feodum obtinere etc.) eine Gütervereinigung
zu schließen. Um
1466 heißt es nochmals, „Rathin" sei „eine freie herrschafft der
von Michelspergk — gewest". Den „Michelsbergen"
folgten als Besitzer von Rathen die „Birken v. der Duba". Nach
einem 1460 März 7. abgelegten Zeugnis habe Hinko der Ältere v. Hohnstein
(etwa 1381 bis 1409) R. innegehabt;
bei der Erbteilung (wohl 1410) sei die Burg R. mit Zubehör an
seinen Sohn Benesch gefallen. Da Hinko Birke v. d. Duba
1406 verschiedene seiner Güter von den Michelsbergen gekauft hatte, so
darf man das vielleicht auch von Rathen annehmen. Noch 1423 besaßen die Birken das Schloß
.
1426 lagen die Duba vom Wildensteine (und mit ihnen jedenfalls ihre
Verwandten auf Hohnstein und Rathen) in Fehde mit dem Markgrafen Friedrich
dem Ernsthaften zu Meißen. Bei der im selben Jahre
erfolgten Unterwerfung der Birken geloben diese „zwitracht und Unwillen,
wy der im herkomen ist, mit Friderich v. d. Olssenitz, voite zürn
Konigsteyn", abzutun. Es scheint sich dabei mit um den
„Rain zwischen den Rattenn und Königsteinn hinter dem Lilienstein"
(s. Königstein. Obere Kirchleite), zu handeln, den (wie 1464 erzählt
wird) „Herr Heinrich Byrcka, dem Got gnade, [der] die tzeit den Rathenn
innehatt[e], nicht haltenn wollde" (Süße, S. 241 f.). Friedrich v.
d. Ölsnitz hatte anscheinend Rathen bei diesen Kämpfen in seine Gewalt
bekommen. 1428 November 21. wird er als „zum Raten gesessen"
bezeichnet.
1438
aber gelang es den Birken v. d. Duba (vornehmlich mag es Albrecht Birke
auf dem Wildenstein gewesen sein) Schloß Rathen zurückzuerobern, nicht
als Anhänger der Hussitenpartei (wie die Chronisten meist angeben),
sondern im Verfolg väterlicher Erbansprüche. 1439 (am Jahrestage seines Verlustes) entriß (wohl mit kurfürstlicher
Hilfe) Friedrich v. d. Ölsnitz den Birken das Schloß wieder. Ein am 30.
Juni desselben Jahres geschlossener Frieden, nach welchem Kaiser Sigismund
über die Lehnsansprüche der Birken (zu Wildenstein) auf die Burg Rathen
entscheiden sollte, wurde bald danach (wohl noch 1439) wieder gebrochen.
Dabei kam Benesch Birke ums Leben und Albrecht v. Wildenstein und
Jan v. Wartenberg auf Blankenstein fielen in die Hände des v. d. Ölsnitz,
der sie in das Burgverließ von Rathen warf.
Nach ihrer Freilassung ging der Streit weiter. Erst 1441 März 10.
kam ein „ewiger" Sühnevertrag zustande. Die Birken waren von allen
Seiten bedrängt worden, zuletzt auch von den Oberlausitzer Sechsstädten,
weshalb sie bitter klagten, daß sie aus Besorgnis vor diesen sich hätten
„must richten und lassen unser erbe und gut das sloß den Rathin". Friedrich v. d. Ölsnitz blieb nun im
ruhigen Besitz der Burg. Wohl aus ihrer Mitwirkling bei dem Streite um Rathen und weil die
v. d. Ölsnitz ein meißnisches Vasallengeschlecht geworden waren,
leiteten die Wettiner Ansprüche auf die Lehnshoheit über die Burg her.
1452 Mai 30. wendet sich Markgraf Friedrich der Sanftmütige
an seine „erbam mannen, burger und unterthanen der pflegen und stette Königstein,
Ratten, Wehlen und Pirna". Und in den
Vorverhandlungen zum Vertrag von Eger (1459) behaupteten zwar die böhmischen
Unterhändler „Rathen das slos" sei „Erbe von der Krone Böhmen",
aber die meißnischen erklärten „Raten hod Fridrich v. d. Oißnicz von
unseren herren zu leben". Bekanntlich einigte man sich dahin, daß
alle seit 1400 durch Kauf, Pfand oder Eroberung erworbenen ehemals böhmischen
Herrschaften erblich beim Hause Wettin verblieben, Böhmen aber die
Oberlehnshoheit darüber behielt.
Daher erscheint auch Rathen in den zu Prag ausgestellten
Lehnbriefen von 1482, 1488, 1498, 1510, 1557, 1615. Erst 1806 erlosch
dieses Lehnsverhältnis (Beschomer, a. a. 0. S. 192). Als meißnischer
Vasall saß 1466 Hanß v. d. Oißnicz zum Ratin; er begegnet uns am 2.
September desselben Jahres als Zeuge (Stiftsarchiv Meißen, lib. Theodorici
Bl. 113 b). Er
ist der Sohn des verstorbenen „Frederich v. d. Oißnitcz" (s. o.);
seine Brüder sind „Thunczoldt, Krigk und Friderich v. d. Oißnitcz".
Der Pirnische Mönch sagt von ihm, er gestatte „ins lant czu rouben,
herbirgte beschediger der lante etc." Mit dem seit 1465 auf dem Königstein waltenden landesherrlichen
Vogt Brun v. d. Pforte lag er in heftigem Streite. Dabei behauptete Hans v. d. Oißnitcz
zugleich im Namen seiner Brüder anscheinend 1466 „Ich habe legin ein
slos genant der Rattin mit seiner zcugehorunge, daz in die kronne zcu Böhmen
gehöret und vor langin czeiten eine freihe herrschafft der von
Michelspergk und der Birkin und ander gewest ist, daz mir [ ?] auch her
Mickoluß Bircke mit seinen brudern ein die lanttaffel gelegit hat vor freye
eigen, daz mein fatter gott seliger lange czeit und wir mit im
gerucklichin besessin und gebrauchit habin". Die Eintragung in die
Landtafel zu Prag mußte also wohl 1439, noch vor Benesch Birke's Tode (s.
o.) erfolgt sein. In dem Streite mit Brun v. d. Pforte ergriffen, nach
fruchtlosen Ermahnungen, die Landesherren die Waffen gegen den Ruhestörer
Hans v. d. Ölsnitz. 1467 begann der Kriegszug. Die Belagerung der Burg
dauerte über ein Jahr; die zugehörigen Dörfer wurden anscheinend sofort
in landesherrliche Verwaltung genommen. Während
der Belagerung verwandten sich die Bischöfe von Breslau und von Meißen für
Hans v. d. Ölsnitz; freilich umsonst. Doch gelang es diesem, aus Rathen
zu entkommen. Die Burg fiel anscheinend erst nach dem 25. Mai 1469 in die
Hände der Herzöge Ernst und Albrecht.
Eines Vorfalls bei der Erstürmung ist unterm Rathener Erbgericht gedacht. 1470 Oktober 6. forderte König Matthias von Ungarn
die sächsischen Fürsten vergebens auf „dem Hanns Ölsnitz — sein sloß
Ratan mit siner zugehorunge. — voign und antwortn [zu] lassen". Da
aber auch die fürstlichen Gemahlinnen Fürsprache für den Hans v. d. Oißnitz
einlegten, so wurde ihm (nach dem Frühjahr 1471) gestattet, daß er sich
im sächsischen Lande wieder „bemannen, setczen und by sinen frunden
enthalden
sal"; dazu sollte er 2000 Schock Schwertgroschen oder 1000
Schock Groschen bester Münze erhalten.
Rathen aber blieb ihm versagt. Es wurde als verwirktes Lehen eingezogen
und kam mit seinem Zubehör zum Amt Pima. Bei der Sächsischen Erbteilung
1485 fiel es an Herzog Albrecht. Um 1530 soll die zerstörte Burg schon
ganz zerfallen gewesen sein (ebda.). Götzinger berichtet 1804 (Schandau
und seine ümg. S. 100): ,Man sieht dort (auf der Ruine von Alt-Rathen)
nichts als eingestürzte Mauern eines alten dicken Turmes und unter ihm
Keller, in die man sich nicht ohne Gefahr wagen darf. Man kann das füglich
entbehren; den Neu-Rathen zu sehen, ist interessanter. |