Vor 95 Jahren wurde der Schwedenturm in
Rathen zum ersten Mal bestiegen
(Heinz Gliniorz) Seit dem Schwedenkrieg um 1639 und im
Nordischen Krieg 1706 ist der stark zerklüftete Teil der Felsenwelt am
oberen Grünbachtal als Fluchtstätte bekannt geworden. Die Bewohner der
umliegenden Ortschaften verschanzten sich zu dieser Zeit mit ihren geringen
Habseeligkeiten im schwer zugänglichen Teil des Taleinschnittes unterhalb
von Rathewalde. Mit der schrittweisen touristischen Erschließung der
Felsenwelt bei Rathen wurde um 1780 auch dieser Abschnitt für die
Wanderfreunde zugänglich gemacht. Nach dessen weiteren Ausbau am Ende des
19. Jahrhunderts als sogenannte Schwedenlöcher interessierten sich nun auch
Sachsens Bergsteiger für die freistehenden Sandsteinfelsen am Zugang zur
Bastei. Am 30. April 1905 gelang dem seit dem Jahre 1903 an und auf den
Felsen der Sächsischen Schweiz anzutreffenden Rudolf Fehrmann mit seinem
Bruder die erste Besteigung eines in dieser Region stehenden Wächters –
heute als Schwedenturm bekannt. Dieser erste und zugleich schwere Aufstieg
machte in den Bergsteigerkreisen sofort die Runde, und es waren die
Mutigsten vom Kletterklub „Mönchsteiner Pirna 1898“, die sich bereits mit
der 5. Besteigung dieses Felsens in das Gipfelbuch eingetragen haben. Im
Jahre 1920 fand der auf vielen Kontinenten bekannt gewordene Fritz Wiessner
mit seinen drei Nachsteigern einen weiteren Aufstieg. In der sächsischen
Skala der Kletterschwierigkeiten wird diese für die damalige Zeit
ungewöhnliche Leistung des 20-jährigen als „besonders schwer“ eingestuft.
Neuaufstiege wurden eine Angelegenheit der Meisterkletterer
Natürlich waren die freistehenden und von allen Seiten
einsehbaren Sandsteinrecken ein beliebteres Kletterziel, als dieser kaum zum
verweilen wirkende Schwedenturm. Deshalb wagten sich erst im Jahre 1948
wieder zwei Bergsteiger über die ungesicherte Westwand an einen neuen
Aufstieg. Und danach mussten erst wieder 20 Jahre vergehen, ehe der
Kletterer Klaus Paul zwei Bergfreunde über einen bis dahin unbekannten Weg
auf den Gipfel führte. Im Jahre 1972 fand die Seilschaft um den Hohnsteiner
Spitzenkletterer Bernd Arnold Interesse am Schwedenturm. Dem 25-jährigen
Buchdruckermeister gelang es, seine Sicherungskameraden Günter Lamm und den
in diesem Jahr viel zu früh verstorbenen Wolfram Nolte über die Nordwand zum
höchsten Punkt des Sandsteinturmes zu dirigieren. Die Einstufung dieses
Weges in den Bereich „extrem schwer“ war für Bernd Arnold Anlass genug, im
Jahre 1983 eine weitere Spitzenleistung anzugehen. Im 6. Versuch wurde ein
extrem schwerer und mit einer X eingestufter neuer Kletterweg vollendet.
Aber auch der bekannte Altmeister aus Pirna, Manfred Vogel, hat sich am
Schwedenturm umgesehen. Vor 25 Jahren fand er einen neuen Aufstieg in der
Südostwand. Einige Jahre später fügte er den aus dem Jahre 1920 von Fritz
Wiessner erstbegangenen Aufstieg Neuer Weg eine Variante hinzu. Zwei weitere
dem Schwierigkeitsgrad „extrem schwer“ zugeordnete Wege zum Gipfel fanden
die Sportkletterer Löwel und Jäger. Sonnenfinsternis nannte Löwel seinen
Weg, und der Pirnaer Verleger Maik Jäger gab seinem Rot-Punkt-Aufstieg in
der Schartenwand am Schwedenturm die passende Bezeichnung Alter Schwede.